Glasveredlungstechniken

Bei der Veredlung von Gläsern sind hüttentechnische Verfahren bei der Glasschmelze und Glasproduktion zu unterscheiden von glastechnischen und kunsthandwerklichen Verzierungstechniken am fertigen Hohlglasrohling. 

Zu den hüttentechnischen Verfahren sind das Färben und Überfangen mit mindestens zwei Glasschichten, die Anbringung von Glasnuppen oder Glastropfen am Glaskörper, das Einstechen von Luftblasen sowie die Technik des Langziehens und Drehens der Glasblase zu zählen.  

Entwürfe Alexander Pfohls: Nuppen bzw. Warzen am Glaskörper.

Eine weitere Verzierungsart, die in den hüttentechnischen Bereich der Glasverarbeitung fällt, ist das Einschmelzen von Milchglasfäden oder das Applizieren von Glasfäden auf dem Glaskörper nach dem Vorbild der venezianischen Faden- und Netzglastechnik.

 Diese Veredlungstechniken werden auch heiße Verfahren genannt, da sie vom Glasmacher direkt am Schmelzofen ausgeführt werden.

Fußschalen nach Entwurf von Alexander Pfohl: farbloses Kristallglas, Knauf und umgelegte Fäden in Kobaltblau .

Farbloses Kristallglas mit eingeschmolzenen, sich überkreuzenden dunkelblauen Fäden.

Von glastechnischen bzw. chemischen Verfahren spricht man beim Beizen, Ätzen, bzw. mechanischen Verfahren beim Einsatz von Sandstrahl und Siebdruck.  

Was die kunsthandwerklichen Verzierungstechniken betrifft, sind vier Arten zu unterscheiden, die Glasmalerei, der Glasschnitt (Gravur), der Glasschliff und das Vergolden. Dabei handelt es sich um sogenannte kalte Veredlungsverfahren, da sie am kalten Glasobjekt vorgenommen werden. 

Oft werden die Techniken kombiniert, um eine besonders kunstvolle Gestaltung und Wirkung zu erzielen.  

Nicht zu vergessen ist die Formgebung des Glases - die Arbeit des Glasdesigners -, der durch die Lieferung von Entwurfszeichnungen entscheidend an der Glasgestaltung beteiligt ist, zumal diese der Glasherstellung und Glasveredlung vorausgehen. Alexander Pfohl vereinte in seiner Person die Kompetenz des Designers und die Beherrschung der verschiedenen Veredlungstechniken. 

Die folgenden Erläuterungen verschiedener Techniken konzentrieren sich auf die von den Glaskünstlern der Familie Pfohl angewandten Veredlungstechniken und die von ihnen bevorzugten hüttentechnischen Bearbeitungsformen von Glasobjekten.  

 

Hüttentechnische Veredlungsverfahren 

Eine beliebte Glasveredlungstechnik ist die Färbung der Gläser. 

Farbengläser 

Von Farbengläsern spricht man bei in der Masse (durch die gesamte Glasdicke hindurch) gefärbten Gläsern. Die Glasrohmasse wird vor dem Schmelzen mit verschiedenen oxidierten oder ionisierten Metallpartikeln vermischt, je nachdem, welche Farbe gewünscht wird. 

Goldrubingläser werden mit in der Glasschmelze gelösten kolloidalem Gold, d.h. winzigen Goldpartikeln im Durchschnitt von 2 bis 100 Nanometern, gefärbt. 

Helles Rot beim Glas entsteht durch die Beimischung von einwertigem Kuper(I)oxid oder Selen. 

Kobaltblaues Glas ist ein Silicatglas, das durch zweiwertiges Kobalt(II)oxid oder Kupferionen intensiv blau gefärbt wird. Je nach Kobaltgehalt ist das Glas mehr oder weniger kräftig und mehr oder weniger transparent. 

Gelbgefärbtes Glas wird durch die Zugabe von Silberoxiden erreicht. Mit Indiumoxid bekommt man ein intensiveres Gelb bis Bernsteinorange. Eine sehr feine Gelb- oder Grünfärbung mit grüner Fluoreszens unter UV- Licht entsteht durch die Beigabe von Uranoxid. 

Grüngefärbtes Glas kann durch eine Kombination von Silber und Kupfer erreicht werden oder durch die Beimischung von Eisenoxid oder Chromoxid. 

Gläsern in Rauchtopas wird Rauchquarz zugemischt. 

Violettgefärbtes Glas entsteht durch Beigabe von Nickeloxid. 

Milchglas (Beinglas) ist ein opakes Weißglas, gefärbt mit Knochenmehl oder Zinnoxiden, Zink bzw. Antimon. 

Von Alexander Pfohl entworfene Farbgläser: 

Alexander Pfohl bevorzugte die klare, elegante Form der Gläser, die vor allem durch ihre Farbe und ihre Form wirken sollten. 

 

Überfanggläser 

Von Überfanggläsern spricht man, wenn eine oder mehrere farbige Glasschichten, die bei der Erwärmung miteinander verbunden worden sind, die farblose oder andersfarbige Schicht eines Grundglases umschließen. Sie entstehen entweder durch Einblasen einer farbigen Glasblase in eine zweite schalenförmige Glasblase von abweichender Farbe oder durch Aufsetzen eines andersfarbigen Glasflusses auf die Glasblase und deren Überglasung. Nach der Art der Formung und dem Anbringen der Farbschicht unterscheidet man Außen- und Innenüberfang. 

Links: Freundschaftsbecher in Bleikristall mit zweifachem Außenüberfang in rosa und weiß, Blumenband in Emailfarben, gemalt von Alexander Pfohl sen.

Rechts: Violettes Kristallglas mit rubinrotem Unterfang nach Entwurf von Alexander Pfohl jun. 

Beizen 

Im Unterschied zu durchgefärbten Gläsern ermöglicht die von Friedrich Egermann zwischen 1820 und 1832 in Haida entwickelte Technik des Beizens das Färben der Glasoberfläche durch das Auftragen und Einbrennen von Metallsalzen. 

Die gelbe Färbung (Gelbbeize) bewirken Silbersalze (Silberchlorid gemischt mit Ocker und Terpentinöl) bei einer Temperatur von ca. 550 – 600 Grad Celsius. 

Bleikristallkaraffe nach Entwurf von Alexander Pfohl mit floralem Gelbätzedekor:

Bleikristallkaraffe nach Entwurf von Alexander Pfohl mit floralem Gelbätzedekor

Die Herstellung der Rotbeize ist komplizierter und erfordert drei Oxidations-Reduktionsbrände bei einer Temperatur von 400-600 Grad Celsius. Die durch Kupfersalze erreichte rubinrote Farbe entsteht nach dem dritten Brand. Beim zweiten Brand entsteht als Zwischenstufe zur Rotbeize die Schwarzbeize. Die Verfärbungen der Glasoberfläche durch das Beizen ist technisch einfacher und daher zur Massenproduktion geeigneter als die teurere Färbung des Glases mit Goldrubinrot 

Kunsthandwerkliche Veredlungstechniken 

Glasmalerei 

Emailmalerei 

Bei der Emailmalerei werden durch Metalle oder Metalloxide gefärbte Glasflüsse mit niedrigem Schmelzpunkt mit einem Bindemittel und Verdünnungsmittel (z. B. Darmarlack und Terpentin) zu einer geschmeidigen Paste verarbeitet, die mit einem Pinsel auf das Glas aufgetragen werden kann. In der Feinmalerei werden meist Pinsel aus Rotmarderhaar oder Eichhörnchenhaar bevorzugt. Das Binde- und Verdünnungsmittel ermöglicht das Haften der Farben auf der Glasfläche, welche sich beim Brennvorgang im Ofen mit der Oberfläche des schwerer schmelzbaren Glases dauerhaft verbindet. 

Der aufwändig dekorierte Deckelpokal war das Meisterstück Alexander Pfohl sen. Er hat zunächst per Hand, nicht mit Spritzpistole ganz gleichmäßig auf den Pokal aus Bleikristall einen weißen Überfang aufgetragen und auf den kompletten Glaskörper und Deckel mit opaken Emailfarben Blumenmotive und in  den mit Gold umrandeten Medaillons Motive der Heimat seiner Schwiegermutter gemalt. 

Außer den opaken (deckenden, pastösen) Glasmalfarben werden auch durchscheinende Transparentfarben verwendet. Alexander Pfohl verwendete Transparentfarben für seine floral-ornamentalen Dekore auf den Vasen aus farblosem Kristall zu Beginn der zwanziger Jahre. 

Das farblose Kristallglas mit dünnem Opalglas-Überfang ist von Alexander Pfohl entworfen und mit Transparentfarben gemalt worden. 

Grünes durchsichtiges Uranglas, Rübezahldarstellung in Transparentfarben, schwarz konturiert; Entwurf und Malerei von Alexander Pfohl.

Vergolden und Goldmalerei

Eine weitere Verzierart ist das Vergolden, die Verwendung von Edelmetalllösungen wie Gold und Platin (bisweilen auch Silber). Besonders die Ränder von Trinkgläsern, Pokalen und Vasen erhielten einen Goldrand, der eingebrannt wird und nach dem Brennen poliert werden muss, um den Glanz wieder zum Vorschein zu bringen (deshalb der Name Poliergold). Zusätzlich finden sich auf der Kuppa oder Wandung des Glases Dekore in Gold, vor allem bei Reliefmalereien. 

 

Trinkgläser nach Entwurf von Alexander Pfohl mit Poliergoldrand und Reliefvergoldung. 

 

Freundschaftsbecher nach Entwurf von Brigitte Herrmann-Pfohl von ihr eigenhändig bemalt,  Bleikristallbecher mit kobaltblauem Überfang und umlaufendem Goldband mit Blumenmotiven aus Emailfarben.

Silveroverlay auf Glas (galvanisierte Silberauflage)

Silveroverlay bedeutet Feinsilberbelag und ist vereinfacht die galvanische Versilberung der nicht leitenden Oberfläche des Werkstoffes Glas. Mit dieser Technik wird Silber im Gegensatz zur Fassung in Silberblech direkt und dauerhaft mit dem Glas verbunden. Dazu wird der Dekor leicht eingeschliffen oder sandgestrahlt, um die Haftung der Silberauflage zu ermöglichen und ein Abblättern zu verhindern. Auf diese Weise kann Hohlglas im dekorativen Bereich der Versilberung hochwertig veredelt werden. Die gewünschten Silberornamente werden von Hand an der Wandung, dem Fuß oder dem Deckel des Glases aufgetragen und anschließend galvanisch versilbert. Der Silberdekor besteht meist aus komplett umlaufenden, sich wiederholenden Motiven, die entweder rein abstrakt sind oder aus stilisierten, floralen Elementen wie zum Beispiel Blättern, Eicheln, Blüten, aber auch Vögeln, Libellen etc. bestehen. Der Dekorentwurf wird auf Papier gezeichnet und auf das Glas „durchgestochen“. Was nicht versilbert werden soll, wird mit Lacken abgedeckt. Entscheidend ist, dass durch das Abdecken immer Inseln entstehen, während das Muster in sich auf jeden Fall verbunden sein muss, damit Strom fließen kann. So entstehen hauchdünne Verbindungsstege und das Glas wird von einem Netzwerk abstrakter oder floraler Muster überzogen. Mit einer aufgestrichenen Silbernitratlösung werden die miteinander verbundenen Muster leitend gemacht, so dass durch die elektrolytische Wirkung des Stroms aus der Anode Silber zu den leitend gemachten Mustern fließen kann und sich mit Hilfe einer elektrischen Spannung auf der Oberfläche ein hauchdünner Silberbezug abscheidet; an jeder Stelle des Musters fließt gleichzeitig Strom, nur die bedeckten Inseln stehen nicht unter Strom und damit auch nicht unter Silberfluss. Die Anode besteht aus einer in die Lösung eingehängten Platte aus reinem Silber. Silber hat eine gute Verformbarkeit und Dehnbarkeit sowie eine sehr gute elektrische Leit- und Wärmeleitfähigkeit, unter allen Metallen die höchste elektrische Leitfähigkeit, so dass sich auch kompliziert geformte Hohlgläser qualitativ hochwertig mit einer Versilberung veredeln lassen. Die vielen verschiedenen Arbeitsgänge machen die galvanischen Feinsilberbeschichtungen von Glasoberflächen extrem aufwendig und
damit auch sehr teuer.

Toilettegarnitur, Entwurf von Alexander Pfohl

 

Vasen und Dose mit galvanisierter Feinsilberauflage, Entwurf von Alexander Pfohl

 

Schwarzlotmalerei  

Schwarzlot ist eine Art schwarzer Schmelzfarbe, die durch die Oxidation von Eisen, Mangan (Braunstein) und Kupfer unter der Zugabe von pulverisiertem Blei und einem Schmelzmittel entsteht. Sie ist eine Flachfarbe, die als Linien- und Schattierungsfarbe verwendet wird. Mit Schwarzlot kann man Umrisse ziehen, schattieren und lasieren. So lassen sich mit Pinsel und Federkiel feine florale oder geometrische Ornamente sowie Figuren wie auf den zwei Gläsern von Alexander Pfohl anbringen. Johann Schaper verwendete die Schwarzlottechnik auf Hohlglas für Watteau-Motive, Landschaften, Jagd- und Genreszenen.  

Von Alexander Pfohl existieren Dekorentwürfe in Schwarzlotmalerei während seiner Ausbildung in der Kunstgewerbeschule in Wien. 

Hochemailmalerei 

Die Hochemailmalerei bezeichnet eine Dekorart, bei der ein Glas mit der Malerei plastisch hervortretender Motive verziert wird. Dies geschieht in mehreren Schritten. Grundlage ist das Vergolden des Reliefs, das Mattieren der Goldflächen, die Modellierung und das Malen weißer oder farbiger Blumen und reliefartig gemalter Arabesken, die in mehreren Bränden angebracht werden. 

Beispiele dieser Technik findet man unter den Gläsern von Alexander Pfohl sen. 

Glasgravur, Glasschnitt  

Bei der Gravur, früher auch als Schnitt bezeichnet, handelt es sich wie auch beim Glasschliff um eine Veredlungsart, die durch das Abtragen von Glasmasse gekennzeichnet ist. Die Gravur ist mit dem Glasschliff als verfeinerte Technik nah verwandt. Sie ist die „zierliche Form“ zu schleifen, eine filigranere Ausführung zur plastischen Darstellung von floralen, figuralen, ornamentalen Motiven. Zum Gravieren benutzt man stecknadelkopfgroße Rädchen zwischen 0,6 cm und 12 cm aus Kupfer, Stein, Korund oder Diamant, zum Aufhellen oder Polieren u.a. Blei- oder Holzräder. Die klassische Gravurtechnik arbeitet mit Hilfe von verschiedenen kleinen und feinen Kupferrädchen, die auf einer waagrecht rotierenden Spindel befestigt sind. Als Hilfsmittel beim Abtragen der Glasfläche dient Schmirgel, der mit Öl und Petroleum gebunden wird. Die Fläche nach der Bearbeitung bleibt meist matt. Die mattgeschnittenen Stellen können durch die Verwendung von Rädchen bzw. Scheiben aus Holz, Kork, Filz, Leder oder Blei wieder blank und hell poliert werden, wodurch sich unterschiedliche Effekte erzielen lassen, z. B. Hell-Dunkel-Schattierungen. Polierte Flächen wirken dunkler als die mattweißen Schnittflächen. 

Man unterscheidet im Wesentlichen drei Gravurverfahren. Beim Hochschnitt wird das Motiv als plastisches Relief aus der Glasfläche herausgearbeitet, wobei die gesamte, das Motiv umgebende Glasfläche abgetragen werden muss, wie bei dem Glas von Alexander Pfohl. 

Bleikristallkaraffe nach Entwurf von Alexander Pfohl mit floralem Gelbätzedekor

Beim Tiefschnitt wird das Motiv mehrere Millimeter tief in das Glas graviert, während bei der weniger plastischen und flächigeren Rutschgravur wenig Glasfläche abgetragen wird. 

Beispielhaft veranschaulicht die Technik  des Tiefschnitts die Pferdegravur von Karl Pfohl auf dem Freundschaftsbecher in Bleikristall mit Goldrubinüberfang. 

 Im Unterschied zur Gravur ist der Aufbau des Schliffmusters meist geometrischer Natur. 

 

Glasschliff 

Beim Glasschliff wird die Glasoberfläche von Hand unter fließendem Wasser durch rotierende Scheiben, die entweder vertikal (Kugler-Arbeit) oder horizontal (Schleifer-Arbeit) laufen, bearbeitet. Die Schleifräder bestehen wie bei der Gravur aus Diamant-, Kunst- oder Naturstein, Korund und früher auch aus Eisenscheiben. Das Glaskugeln- oder (Hohlglas-) Feinschleifen unterscheidet sich vom Glasgravieren dadurch, dass es mit größeren Schleifscheiben und Formprofilen durchgeführt wird. Sie haben je nach Design verschiedene Größen und Profile (zwischen 8 cm und 20 cm). Beim Arbeitsprozess sichert die Wasserzufuhr auf der Scheibe die Abkühlung und Reinigung des Glases. 

An der Kuglerschleifmaschine, dem Schleifblock, mit der an der Spindel befestigten vertikalrotierend eingestellten Scheibe entstehen die Zierschliffe wie Keil-, Kugel-, Walzenschliff. Keilschnitte sind streng radial (d.h. strahlenförmig) eingehaltene oder gezogene Schnitte, deren mittige Vertiefung keilförmig zuläuft. Beim Walzenschliff handelt es sich um einen erhabenen Schnitt mit rundem Profil, also einem rundbogigen Hohlschliff wie bei der rubinüberfangenen Schale und dem Väschen. 

Auch werden die geometrischen Dekors oder Reliefs ausgeschnitten wie beim Brilliant-, Steindel- oder Baccaratschliff, bei dem geradlinige, einander kreuzende Furchen tief in das Glas eingeschliffen werden. 

Freundschaftsbecher aus Bleikristall mit Steindelschliff und von Walter Herrmann gemaltem Rosenband auf mattierter Fläche.

Freundschaftsbecher mit Baccaratschliff und von Alexander Pfohl sen. bemalten Emailmedallions mit Blumenmotiven 

Typische Dekors sind auch herausgearbeitete konkave Vertiefungen in der Form von Kugeln, Oliven, Waben, Rauten. Beim Hohlecken- oder Schäleckenschliff entstehen durch das Profil eines vertikal laufenden Schleifrades flache Mulden. Dazu wird die auf der horizontalen Scheibe geschliffene Fläche zusätzlich mit einer gerundet profilierten vertikalen Scheibe gekehlt. 

Schiefe Flasche aus Bleikristall mit Goldrubinüberfang nach Entwurf von Alexander Pfohl im Hohleckenschliff geschliffen 

Bleikristall Fußbecher mit Goldrubinüberfang Hohleckenschliff an der Wandung und Keilschliff am Fuß nach Entwurf von Alexander Pfohl 

Die von Alexander Pfohl entworfene Dose in grün-grauem Glas hat einen pagodenartig angeordneten Schäleckenschliff. 

Die geschliffenen Flächen werden entweder mit einer Mischung aus Flusssäure und Schwefelsäure poliert oder mit Polierscheiben aus Cer, Holz, Kork oder aus Filz. Der Filz muss mit Poliermittel, z.B. Bimsstein benässt werden. Die Schnittflächen können auch matt belassen werden (Mattschleiftechnik), wie in der von Alexander Pfohl entworfenen Fußschale aus farblosem Kristallglas, die kobaltblau überfangen ist und mit halbmattem Keilschliff geschliffen ist. 

Am Flachwerkzeug, auf den Scheiben des Kastenschleifzeugs, mit horizontal eingestellter Scheibe werden Rundungen oder Flächenschliffe ausgeführt. Die Scheiben haben einen großen Durchschnitt. Es werden z.B. die Ränder und die Unterseiten der Gläser bearbeitet (Sternchenschliff). Oder die Gläser werden am Glaskörper mit Kantenschliff (Eckenschliff) oder Flächenschliff (Facettenschliff) verziert. Das sind Bezeichnungen für Verzierungen mit gleichmäßig geschliffenen, geraden und in der Regel vertikalen und planen Flächen oder Facetten. Als Facette bezeichnet man die abgeschliffene Ecke auf der Wandung des Hohlglases bzw. die gleichmäßig geschliffene, abgeschrägte Randfläche an der oberen Kante des Hohlglases oder des Schaftes. Der Facettenschliff ist ein vertikaler, flächiger Schliff.

Aquamarinfarbene, transparente Bleiglasschale nach Entwurf von Alexander Pfohl mit Flächenschliff, konkav verlaufend vom Fuß bis zum Rand der Schale. 

 

Unter Wellenschliff versteht man eine gewellte Glaswandung mit vertikalem Schliff. Die Entwicklung der Wellenschlifftechnik wird der Glasfachschule Haida zugeschrieben, die dann die Glasraffinerie Karl Meltzer & Co. in Langenau als Neuheit in die Produktion einführte und die Alexander Pfohl in Entwürfen für die Firma umsetzte. Bei der Verzierung mittels eines Wellenschliffs wird das überfangene Glas mit einer gewellten Wandung und vertikalem Schliff veredelt. 

Bleikristallkaraffe nach Entwurf von Alexander Pfohl mit floralem Gelbätzedekor

Der Schleifvorgang selbst gliedert sich in drei Arbeitsphasen: das Anreißen, das Feinschleifen und das Polieren des Glases. Das Anreißen als der schnell glasabtragende Vorgang erfolgt mit grobkörnigen Korundscheiben.   

Als Schleifmittel dient zum Vorreißen grober Quarzsand mit Wasser. Je nach Bedarf werden so Flächen (die Schleifer sprechen von Ecken) grob geschliffen. Danach folgt das Feinschleifen und die endgültige Formgebung auf einer Natursteinscheibe mit Wasser. Der nächste Arbeitsgang ist das Polieren. Zuerst erfolgt das Vorpolieren auf der Sandscheibe (aus Pappelholz) mit dem feinsten aufgeschlämmten Sand, Polierrot oder Bimssteinmehl; anschließend das Hellpolieren auf einer weiteren weichen Pappelholzscheibe mit stehenden Holzfasern, Presskorkscheiben oder Filzrädern, danach das Glätten der Einschnitte mit feinkörnigen Elektritscheiben oder produktiveren Scheiben mit Diamantkörnern. Dann erst erhält das Glas bzw. Muster seinen ursprünglichen Glasglanz wieder, es sei denn die geschliffenen Flächen werden bewusst matt belassen. 

Während der Schleifer Glaskörper und Gefäße je nach Form, Größe und Umfang mit geraden Ecken (Flächen) nebeneinander, übereinander eingeschoben und ganz eingeschoben dekoriert, also ebene, gerade und gezogene Flächen herstellen kann, gestaltet der Graveur individuell mit Tief- und Musterschliff.  

Glastechnische Verfahren 

Weitere Möglichkeiten der Abtragung von Glasflächen sind das Ätzen bzw. die Säuremattierung und die Sandstrahltechnik

Unter Ätzen versteht man die chemische Bearbeitung der Glasoberfläche, bei der durch den Einsatz von Flusswasserstoffsäure auf den nicht abgedeckten Flächen des Glases Motive geätzt werden können.  

Zunächst wird auf das Glas eine Schutzschicht (z.B. Wachs oder Decklack) aufgetragen, die dann an den vorgesehenen Stellen des Dekors entfernt wird. Dann kann die manuelle Eingravierung oder das Einzeichnen des Dekors durch Diamantnadeln oder Federkiele erfolgen. Anschließend wird das Glas in Flusssäure getaucht.   

Nach etwa zehn Minuten werden Decklack und Säure mit warmem Wasser weggespült.  

Alexander Pfohl hat die Technik der Nadelradierung in Kombination mit Rubinätze laut Helmut Ricke (Alexander Pfohl - Glaskünstler und Designer, Jahrbuch des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg, Neue Folge, Band 1, Hamburg 1982, S.90) erfunden. 

 Das Mattieren von Gläsern kann durch chemisches oder mechanisches Aufrauen der Glasoberfläche erreicht werden, so dass die ursprünglich klare Oberfläche milchig und nicht mehr durchsichtig erscheint. Das Auftragen eines Mattierungssalzes (Ammoniumsalze oder Flusswasserstoffsäure) auf die Glasoberfläche mit einem Pinsel oder durch das Eintauchen des Glases in eine Mattierungslösung stellt die chemische Form der Mattierung dar, während die Glasbearbeitung durch Sandstrahlen ein mechanischer Vorgang ist. Beim Sandstrahl werden durch einen Kompressor unter hohem Druck feine Sandkörner oder auch kleine Glaskörnchen auf die Glasfläche gestrahlt. Bei Verwendung von Schablonen oder Schutzanstrichen bilden sich Reliefdekore. 

Eine weitere Veredlungstechnik von Gläsern ist der Siebdruck, der insbesondere bei hohen Stückzahlen als Ersatz für die kostenintensivere Handmalerei eingesetzt werden kann. So können mit Hilfe von Schablonen Dekore am Glas angebracht werden. Bei der Bedruckung des Glases wird die Oberfläche nicht vollständig emailliert, sondern mit einem Muster versehen, das sich aus dem gewählten Siebdruck ergibt. Es kann aus einem gleichmäßigen Punkt- oder Linienraster, aber auch frei gestaltet werden. 

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